Eröffnungsrede von Annerose Kirchner in der Stadt- und Regionalbibliothek Gera am 05.06.2025
Sehr geehrte Damen und Herren - (diese Anrede wähle ich bewusst, weil ich das Gendern ablehne) -, liebe Freunde der Bibliothek! Ich darf Sie herzlich zur Vernissage einer besonderen Fotoausstellung begrüßen: „Momente“ lautet der Titel, und es sind tatsächlich Momente, Augenblicke, kurze Zeitabschnitte, in Sekunden geschehen, die uns hier, festgehalten im Foto begegnen.
Wieder hat die Stadt- und Regionalbibliothek diese Fotoausstellung in ihren Räumen ermöglicht, wofür alle Beteiligten herzlich danken. Damit setzt sich eine Tradition fort, die ihren Hintergrund und Ursprung in der Städtepartnerschaft von Gera mit Nürnberg und Nürnberg mit Gera hat. Die Geraer Bibliothek ermöglicht seit vielen Jahren in ihren Räumen die Begegnung mit Kunst und Bild, eigentlich wechselt eine Ausstellung nach der anderen – und das ist etwas Wunderbares.
Heute vereinen sich in der künstlerischen Begegnung drei Fotografen und eine Schriftstellerin. Frank Rüdiger und Heike Hahn haben sich vor Jahren in Nürnberg kennengelernt. Ein erstes Ergebnis ihrer Zusammenarbeit war die Bauhausausstellung, zuerst in Nürnberg, dann in Gera zu sehen. So ist es auch dieses Mal. „Momente“ startete in Nürnberg. Damals zur Eröffnung war auch die Dritte im Bunde, die Mazedonierin Maja Argakijeva, dabei, die leider dieses Mal in Gera fehlt. Es sind Fotos in 21 Rahmen zu sehen, je 7 Rahmen an einer Wand. Jeder Fotograf hat sieben Bilderrahmen und musste sich in der Auswahl der Motive klug beschränken. Es sind Ausschnitte aus dem Schaffen zu einem sehr vielfältigen Thema zu sehen - in einer kleinen, überschaubaren und gut gestalteten Ausstellung, die sehr viele Assoziationen zum Nachdenken bietet.
Biographisches zur jeweiligen Person möchte ich aussparen, das können Sie bitte alles in der Ausstellung entdecken. Was soll ich zum Prozess des Fotografierens sagen? Ich liebe die Fotografie, bewundere die Fotografen, wenn sie gut sind, und diese hier sind es. Mein erster Berufswunsch war mal Fotolaborantin, daraus ist aus verschiedenen Gründen nichts geworden. Aber „geknipst“ habe ich schon immer und weiß – für mich - , was ein gutes Foto ausmacht. Jeder, der kreativ tätig ist, weiß, dass der Weg auch zu einem Foto oft ein Glücksfall ist. Mit Geduld und oft auch langem Warten im richtigen Moment zu reagieren und auch mit der richtigen und passenden Kamera (die haben Handys ja inzwischen) – ein langwieriger und oft holpriger Prozess.
Die Fotos, die wir hier sehen, kommen mit Leichtigkeit und Freude daher. Ganz persönlich, individuell, vielfältig, mit eigener Bildersprache. Sie laden ein zum Schauen und Staunen.
Heike Hahn, eine echte Fränkin mit starker China-Affinität, lockt in einen besonders atmosphärischen Wald, dessen blauen Stimmung sie mit kalligraphischen Schwingungen verbindet, angeregt durch Dichter in der chinesischen Hochblüte der Tang-Dynastie, wie Li Bai. Über 1.000 Gedichte soll er geschrieben haben, und im Deutschen haben sich zahlreiche Nachdichter an seinen Versen versucht, wie Hans Bethge: „In fremden Lande lag ich. Weißen Glanz / malte der Mond vor meiner Lagerstätte. / Ich hob das Haupt – ich meinte erst, es sei / die Reife der Frühe, was ich schimmern sah, / dann aber fühlte ich: der Mond, der Mond! / und neigte das Gesicht zur Erde hin, / und meine Heimat winkte mir von ferne.“ Ich finde, dieses Zitat passt sehr gut zu den moonlight-Fotos von Heike Hahn, die keineswegs etwas
Unheimliches ausstrahlen, sondern den Wald als sehr einladend, faszinierend, darstellen. Dazu gesellen sich noch weitere China-Fotos, die den Alltag in dem fernen Land, von dem wir leider so wenig wissen, für einen Augenblick näher bringen.